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Damals: Brandanschlag im GW2

Im Januar 1980 wurde ein Brand im GW2-Gebäude gelegt und ein anonymer Anrufer kündigte weitere Brandsätze an.

Campusleben

Am Morgen des 31.1.1980 brannte es im GW2 im Treppenturm A auf der 3. Ebene. Ziemlich bald war klar, dass es sich um Brandstiftung handelte. Glücklicherweise erlosch der Brand von selbst, noch bevor der Qualm von einem Mitarbeiter der Uni um 8:40 Uhr bemerkt wurde. Durch die starke Rauchentwicklung kam es jedoch zu schweren Verrußungen an den Wänden.

Schnell verbreitete sich das Gerücht, dass im Gebäude Molotow-Cocktails oder gar Bomben gelegt worden seien. Nicht unbedingt für Entspannung sorgte zudem der Eingang eines anonymen Anrufs im Rektorat um 9 Uhr, worin für 11 Uhr das Zünden weiterer Brandsätze angekündigt wurde. Sofort wurde das Gebäude von der eilends herbeigerufenen Polizei und Feuerwehr sowie von unerschrockenen Uni-Bediensteten nach weiteren gelegten Brandsätzen durchsucht. Ergebnislos. In Absprache mit der Polizei ließ die Universitätsleitung das Gebäude um 10:30 Uhr komplett räumen, 20 Minuten später war das Gebäude leer. Die Ruhe und das Tempo, in welchem dies geschah, beeindruckte selbst die erfahrene Feuerwehr. Kurz vor 11 Uhr erlebten die Menschen vor Ort eine neue Schrecksekunde. Ein lauter Knall ertönte und eilends schauten die Menschen aus den Fenstern umliegender Gebäude, ob denn das GW2 noch stünde. Fürwahr, das tat es, hatte das Geräusch nur ein Düsenjet beim Durchbrechen der Schallmauer verursacht.

Danach blieb es ruhig. Um 11:35 beschloss die Universitätsleitung in Absprache mit der Polizei, das Gebäude wieder freizugeben. So konnte nach diesem erlebnisreichen Vormittag ab 12 Uhr wieder mit dem normalen Betrieb fortgefahren werden. Der entstandene Sachschaden wurde auf 3000 DM beziffert.

Doch wer hatte den Brandsatz gelegt?

Es musste ein Übeltäter her. Die Polizei suchte – und fand Flugblätter einer in der Presse als „Studentengemeinschaft Ökonomie“ bezeichneten Gruppe, in welchen sich diese wortgewaltig über die Hochschullehrergruppe Reformhochschule, eine seit Gründung der Uni aktive reformorientierte Gruppe aus Hochschullehrenden, empörte.

Letztere hatte auf der Sitzung der Studiengangskommission Ökonomie im Januar 1980 einen Entwurf zur Änderung der Diplomprüfungsordnung vorgelegt. Hintergrund war das 1977 verabschiedete Bremische Hochschulgesetz (BHG), an welches nun der Allgemeine Teil der Diplomprüfungsordnung (DPO) sowie die spezifischen Ordnungen für die Studiengänge angepasst werden mussten. Der Studiengangsausschuss (StugA) Ökonomie lehnte diesen Entwurf entschieden ab, denn er sah in diesem die „Aufhebung wesentlicher, von der Studentenschaft erkämpfter Prinzipien einer demokratischen Ökonomie-Ausbildung“. Die vorgeschlagenen DPO-Änderungen bedeuteten in seinen Augen de facto nichts Anderes als die Streichung des Integrierten Sozialwissenschaftlichen Eingangsstudiums (ISES), die Aufteilung der Wirtschaftswissenschaften in die Bereiche Betriebswirtschafts- und Volkswirtschaftslehre, die Einschränkung des Projektstudiums und des interdisziplinären Studierens sowie eine Verschulung des Studiums.

Die für die Uni Bremen typischen studienbegleitenden Leistungsnachweise sollten nur noch zum geringen Teil als Prüfungsnachweis dienen, sogenannte „kleine“ Scheine, bestehend aus Thesenpapieren und Protokollen, sollte es gar nicht mehr geben. Vorgesehen war auch eine erhöhte Pflichtstundenzahl um nahezu 50% bei gleichzeitiger Abschaffung der Mindeststudienzeit. Da die „Reformhochschule“ im Fachbereich summarisch die meisten Hochschullehrkräfte stellte – und auch, laut dem StugA Ökonomie, „das Zünglein an der Waage“ im Akademischen Senat sei –, hatte deren inhaltliche Position enormes Gewicht.

Am 28.1.1980 titelte der StugA in seiner Zeitung Der Politökonom: „Hochschullehrergruppe fordert: 9 mündliche Prüfungen“ und rief für den 31.10.1980 zur Teilnahme an der Ökonomie-Vollversammlung mit Themen wie „Angriffe der ‚Reformhochschule‘“ oder „Gegenmaßnahmen ausbrüten“ auf.

Bild 1/2 Beide Zeichnungen stammen 
aus der Zeitung des StugA Ökonomie: Der Politökonom (Der Politökonom. Zeitung des StugA Ökonomie, Nr. 6, 28. Januar 1980, S. 4).
©Politökonom
Bild 2/2 Beide Zeichnungen stammen 
aus der Zeitung des StugA Ökonomie: Der Politökonom (Der Politökonom. Zeitung des StugA Ökonomie, Nr. 6, 28. Januar 1980, S. 4).
©Politökonom

All dies führte dazu, den StugA Ökonomie in Zusammenhang mit dem Brandanschlag zu bringen, zumal die im GW2 gefundenen Flugblätter Abbildungen von Strichmännchen mit Flamme enthielten sowie Andeutungen auf den 31.1.1980.

Die polizeilichen Ermittlungen wurden eingestellt

Der StugA Ökonomie zeigte sich keineswegs erfreut ob der konstruierten Verbindung seines hochschulpolitischen Protests mit dem Brandanschlag. In der Bremer Universitätszeitung vom Februar 1980 schrieb er in einer Erklärung, dass „wir vom Stuga Ökonomie (…) bestürzt (…) Gerüchte zur Kenntnis [nahmen], die uns, den Stuga Ökonomie, in geistige Verbindung mit der Tat brachten“ und hoffen, „daß hinter den verqueren Pressemeldungen nur Schlamperei und keine weiteren politischen Absichten stecken!“

Vermutlich wurden die polizeilichen Ermittlungen eingestellt, in den Uni-Akten zumindest verliert sich jegliche Spur.

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