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Seniorenstudium: Horizonterweiterung statt Leistungsdruck

Jenseits von Credit Points und Prüfungsstress bietet das Seniorenstudium neue Einblicke

Lehre & Studium

Von der Physik bis zur Literaturwissenschaft – im Seniorenstudium haben ältere Menschen die Qual der Wahl. Doch sie lernen nicht nur Seite an Seite mit den jüngeren Studierenden, sondern besuchen auch speziell für sie entwickelte Lehrveranstaltungen und engagieren sich für internationale Studierende.

Wie wäre es dieses Semester mit „Dionysos in der griechischen Bilderwelt“? Oder doch „Molekulare Genetik“ oder „Internationalisierung des Rechts“? Jedes Semester können die Seniorenstudierenden der Universität Bremen erneut ihr persönliches Studienprogramm zusammenstellen. Etwa 600 Veranstaltungen stehen dabei im Jahr zur Auswahl. Abgesehen von einer Gebühr für einige Veranstaltungen gibt es keine weiteren Teilnahmebedingungen. Entsprechend vielfältig ist die Gruppe der etwa 1.200 Personen, die sich während der vergangenen beiden Semester für das Seniorenstudium angemeldet haben. „Die meisten Studierenden sind zwischen 70 und 75, die Jüngste 52 und der Älteste 98“, sagt Jaroslaw Wasik von der Akademie für Weiterbildung der Universität Bremen. Gemeinsam mit zwei Mitarbeiterinnen und einigen studentischen Hilfskräften organisiert er das Programm, berät und unterstützt die älteren Studierenden. Viele von ihnen haben früher selbst studiert - manche sogar bis hin zu einer Promotion - und nutzen jetzt die Lehrveranstaltungen, um sich neue Wissenschaftsgebiete zu erschließen. Andere lernen zum ersten Mal eine Universität von innen kennen, weil ihnen als junge Menschen ein Studium verwehrt geblieben ist.

Programm auch in der vorlesungsfreien Zeit

Nahezu das ganze Jahr über finden Veranstaltungen für die Senior:innen statt. Jedes Jahr gibt es vier Veranstaltungsblöcke, während der Vorlesungszeit und in den Semesterferien. Zum einen haben die Senior:innen die Möglichkeit, regulär stattfindende Seminare und Vorlesungen zu besuchen - Seite an Seite mit den jüngeren Studierenden. 200 bis 250 Veranstaltungen aus allen Fachbereichen sind in jedem Semester für die Älteren offen. Dabei können sie sich für eine Teilnahmegebühr von 140 Euro so viele Veranstaltungen auswählen, wie sie wollen. „Wichtig ist, dass die Senior:innen hier Gäste sind“, betont Jaroslaw Wasik. Je nach Raumkapazitäten oder maximaler Teilnehmendenzahl sind manchmal nur vereinzelt Seniorenstudierende zugelassen.

Darüber hinaus bietet die Akademie für Weiterbildung jedes Semester und auch in den Semesterferien 30 bis 40 Veranstaltungen speziell für die Senior:innen an. Der Rahmen ist hier relativ frei: Eine Doppelstunde zu einem bestimmten Thema ist genauso möglich wie ein größeres Seminar über mehrere Wochen. Dieses Programm gestaltet Jaroslaw Wasik in Absprache mit Lehrenden und Forschenden der Universität Bremen, aber auch von außerhalb. Viele von ihnen arbeiten schon seit Jahren mit dem Seniorenstudium zusammen und schätzen den Austausch mit den Älteren. „Hier fragt niemand, was prüfungsrelevant ist oder wie viele Credit Points es für eine Veranstaltung gibt“, sagt Jaroslaw Wasik. Stattdessen entzündeten sich oft spannende und leidenschaftliche Diskussionen. „Die Seniorenstudierenden bringen häufig nicht nur detailliertes Fachwissen, sondern auch viel Lebenserfahrung mit und vertreten oft dezidiert ihre Meinungen zu gesellschaftlichen und politischen Themen.“

Mit ihrer beruflichen und wissenschaftlichen Expertise bringen sich die älteren Studierenden nicht nur als Teilnehmende ein. Viele der Senior:innen haben bereits Erfahrungen in der Lehre. Unter dem Motto „Von Senior:innen für Senior:innen“ geben einige von ihnen ehrenamtlich auch selbst Seminare.

Mit technischer Unterstützung durch die Pandemie

Bei technischen Herausforderungen helfen studentische Hilfskräfte den Senior:innen. Diese Unterstützung erlaubte es den älteren Studierenden auch, während der Coronapandemie online an Veranstaltungen teilzunehmen. „Als kein persönlicher Kontakt möglich war, haben wir telefonische Beratung angeboten“, erinnert sich Jaroslaw Wasik.

Nicht nur in der Lehre, auch in anderen Kontexten bringen sich die Seniorenstudierenden ehrenamtlich ein. Etwa bei den „SeniorCitizens“, einer Gruppe von etwa 20 Senior:innen, die internationale Studierende und Forschende an der Universität betreuen. Sie holen sie beispielsweise vom Flughafen oder Bahnhof ab, veranstalten Willkommensfrühstücke, Theaterbesuche, Stadtführungen und Exkursionen. Viele der SeniorCitizens schätzen das Gespräch mit den jungen Studierenden über politische, historische oder gesellschaftliche Themen. Der Austausch mit ihnen bedeutet für sie eine Horizonterweiterung – wie auch das Seniorenstudium insgesamt.

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