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Kieselalge wird nach Professor Bernd Zolitschka benannt

Wie wird man Namensträger einer neu entdeckten Spezies?

Forschung

Das passiert einem nun wirklich nicht jeden Tag: Geograph und Paläoklimatologe Bernd Zolitschka erfuhr aus einer E-Mail von Kolleginnen und Kollegen der Universidad de Buenos Aires in Argentinien, dass eine neu entdeckte Kieselalgenart nach ihm benannt wurde. Doch wie kam es dazu? Und wie werden neue Arten überhaupt benannt?

Professor Zolitschka, Sie forschen schon sehr lang in Südpatagonien. Warum wurde nun eine dort entdeckte Kieselalge nach Ihnen benannt?

Das stimmt, ich bin schon seit Anfang der 2000er Jahre immer wieder in Argentinien zu Forschungszwecken unterwegs. Dort berge ich gemeinsam mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern Ablagerungen vom Grund diverser Seen und bis zu einer Wassertiefe von 100 Metern, die dann von uns analysiert werden. Anhand der Bohrkerne lassen sich Rückschlüsse auf Klimaentwicklungen ziehen – beispielsweise, wie sich Windsysteme in der Region verändert haben.

Diese Sedimentkerne die wir untersuchen sind sechs oder neun Zentimeter im Durchmesser und zusammengenommen zehn bis über 100 Meter lang. Nach dem „Kernschlachten“ in Bremen teilen wir die Proben mit anderen Forscherteams, so auch mit den Kolleginnen in Argentinien, denn wir benötigen nicht den gesamten Kern. Im Süden von Patagonien wurden nun fünf bisher unbekannte Algenarten aus der Gruppe der Kieselalgen, auch Diatomeen genannt, in solchen Sedimentproben entdeckt.

Bild 1/4 Bernd Zolitschka beim Kernen von Seesedimenten von einer Bohrplatform am Holzmaar, Vulkaneifel
© B. Zolitschka
Bild 2/4 Foto von Geländearbeiten in Patagonien: die Bohrplattform auf dem Lago del Desierto
© B. Zolitschka
Bild 3/4 Übersicht von 106 m an Bohrkernen aus der Laguna Potrok Aike, die im Rahmen des ICDP-Projektes PASADO bearbeitet worden sind
© PASADO Science Team
Bild 4/4 Detailfoto eines Sedimentkernes aus der Laguna Potrok Aike. Die helle Lage stellt eine vulkanische Asche (Tephra) dar
© PASADO Science Team

Diese Diatomeenarten gehören mit einer Länge von bis zu 28 Mikrometer zum mikroskopisch kleinen Plankton in Süßwasserseen der gemäßigten Breiten von Südamerika. Da Diatomeen nicht nur zahlreich in Seen vorkommen, sondern auch abgestorben im Sediment sehr gut erhalten bleiben, ist ihre präzise Bestimmung ein wichtiger Schlüssel um aktuelle wie auch vergangene Umwelt- und Klimabedingungen besser verstehen zu können. Eine dieser Diatomeenarten tauften die argentinischen Forscherinnen und Forscher zum Dank für die vielen Sedimentproben und die zahlreichen Kooperationsprojekte auf den wissenschaftlichen Namen „Pseudostaurosira zolitschkae“.

Elektronenmikroskopische Aufnahme von Pseudostaurosira zolitschkae mit 15.600-facher Vergrößerung
© M.L. Garcia

Wie haben Sie davon erfahren? Und was ging Ihnen dabei durch den Kopf?

Ich habe eine E-Mail erhalten, in der die Veröffentlichung mit den neuen Arten angehängt war. Darüber habe ich mich natürlich sehr gefreut. Man kann heutzutage auch anderweitig an die Benennung einer neuen Spezies kommen, zum Beispiel durch eine Geldspende für ein Naturschutzprojekt. Doch dass man diese Ehre als Dank für die langjährige Zusammenarbeit erhält – das passiert nun wirklich nicht jeden Tag.

Wie läuft so eine Benennung eigentlich ab?

Es gibt einen internationalen Code der Nomenklatur für Algen, Pilze und Pflanzen, der die Benennung festlegt: Der erste Teil des Namens ist sozusagen der Familienname. Er steht somit fest, denn so ziemlich jede neuentdeckte Art lässt sich einer Gattung zuordnen. Beim zweiten Teil ist man dann freier in der Benennung. So kann man bestimmte Eigenschaften lateinisch formulieren, wie zum Beispiel „Fagus sylvatica“, die lateinische Bezeichnung der Rotbuche. Ihr Name bedeutet „Buche aus dem Wald“. Man kann den zweiten Namensbestandteil aber auch aus Namen von Personen bilden, wie in diesem Fall: Dann hat man die Pseudostaurosira zolitschkae.

Portrait Bernd Zolitschka
© B. Zolitschka

Über Professor Bernd Zolitschka

Bereits seit 2003 untersucht Bernd Zolitschka die Sedimente aus zahlreichen Seen in Patagonien, vor allem um zum besseren Verständnis der Variabilität des südhemisphärischen Westwindgürtels beizutragen. Diese wissenschaftlichen Arbeiten erfolgten unter anderem im Rahmen von zwei internationalen und interdisziplinären Verbundprojekten, die er in enger Kooperation mit argentinischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern durchführte. Die detaillierten Beschreibungen der neuen Diatomeenarten wurden online am 12. Januar 2021 in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift „European Journal of Phycology“ veröffentlicht:

García, M.L., Bustos, S., Villacís, L.A., Laprida, C., Mayr, C., Moreno, P.I., Maidana, N.I., Morales, E.A., 2021. New araphid species of the genus Pseudostaurosira (Bacillariophyceae) from southern Patagonia. European Journal of Phycology. https://doi.org/10.1080/09670262.2020.1813810

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