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„Honig ist ein wichtiges Gut in Kamerun“

Eine enge Partnerschaft zwischen Bremer und Kameruner Forschenden soll das Bewusstsein für die Bienen stärken.

Forschung

Seit mehr als 20 Jahren gibt es in der Bienenforschung eine intensive Kooperation zwischen der Universität Bremen und der University of Ngaoundéré im Norden Kameruns. Aus dem westafrikanischen Land sind zahlreiche Nachwuchsforschende für ihre Promotion in die Hansestadt gekommen. Viele Studierende haben einen Teil ihres Studiums an einer der beiden Partneruniversitäten verbracht. Einer von ihnen ist der Wissenschaftler Dr. Mazi Sanda.

In dem westafrikanischen Land sind das Imkern, Sammeln von Honig wildlebender Bienenvölker sowie der Verkauf von Honig für viele Menschen eine wichtige Einnahmequelle. „Fast jeder, der ein Stück Land besitzt, hat Bienenstöcke“, sagt Sanda. Das Sammeln von wildem Honig ist bei Hirten beliebt, wenn sie mit ihrem Vieh durch die Gegend ziehen. Vor allem aus der nördlichen Region Adamaoua wird der Honig, der dort manchmal eine eindrucksvoll dunkle Färbung hat, in das ganze Land sowie die Nachbarländer transportiert und verkauft.

„Am Anfang waren Bienen einfach nur Insekten für mich“

Sanda hat in Kamerun an der University of Ngaoundéré Biologie studiert. „Zu Beginn meines Studiums waren Bienen einfach nur Insekten für mich“, erinnert er sich lachend. Ein Kurs über sie begeisterte ihn dann so sehr, dass er mehr über diese Tiere wissen wollte. Durch ein Stipendium der Universität Bremen kam Sanda nach Deutschland und lernte auf Tagungen die internationale Community der Bienenforschung kennen. „Dieser Austausch war ein Schlüsselmoment für mich“, erinnert er sich begeistert. „Ich konnte auf einmal mit Forscherinnen und Forschern persönlich sprechen, von denen ich bis dahin nur wissenschaftliche Aufsätze gelesen hatte.“

Zwei Männer sammeln Honig von Bienen, die in einer unterirdischen Höhle leben.
© Martin Gruber

Enger Kontakt zu ehemaliger Doktormutter

Der Biologe promovierte an den Universitäten Ngaoundéré und Bremen im Fachgebiet Bienenforschung und pflegt seitdem enge Kontakte in die Hansestadt – unter anderem zu seiner ehemaligen Doktormutter Dr. Dorothea Brückner. Die Biologin setzt sich seit den 1990er Jahren für die Kooperation mit Kamerun ein. So wurde an der Universität von Ngaoundéré auch eine Forschungsstelle für Bienenkunde aufgebaut. „Der internationale Forschungsansatz der vergleichenden Bienenforschung regte zahlreiche Biologiestudierende dazu an, sich mit der Ökologie des tropischen Landes Kamerun und seinen Bienenarten zu beschäftigen“, sagt die Wissenschaftlerin.

Transfer in die Gesellschaft

Ein spannendes Forschungsprojekt zur Imkerei in Kamerun hat Sanda mit dem Bremer Ethnologen Dr. Martin Gruber durchgeführt. Dafür haben sie Menschen, die imkern, den Honig wildlebender Bienen sammeln oder mit Honig handeln, über Jahre hinweg begleitet und befragt. Er und Gruber fassten ihre Ergebnisse und Erfahrungen in einem Buch zusammen, welches Dorothea Brückner in einem deutschen Verlag herausgegeben hat. Die englischsprachige Publikation schildert mit ihren eindrucksvollen Fotos anschaulich den Alltag der Menschen, die ihren Lebensunterhalt auf unterschiedliche Weise mit Honig verdienen.

Auch geht das Buch auf die Gefahren für die Insekten ein: Es sind nicht nur die Pestizide in der Landwirtschaft, welche die Bienen auch in Kamerun bedrohen. Vor allem durch Baumrodungen sind ihre Nistplätze in Gefahr. Holzkohleherstellung führt zu einer starken Zunahme an Rodungen. Sanda hofft, dass die Veröffentlichung in seinem Land das Bewusstsein für die Bienen stärkt. „Es ist das erste bienenökologische Buch dieser Art“, sagt er. Ein Dokumentarfilm „Gbaya: Beekeeping and Honey Hunting“ von Gruber und Brückner veranschaulicht diese Forschungsarbeit. Eine große Bedeutung für alle beteiligten Forschenden hat der Wissenstransfer in die Gesellschaft: „Honig ist ein wichtiges Gut in Kamerun, aber viele Menschen wissen nicht viel über Bienen, wie man sie artgerecht hält, welche welche Rolle sie in unserem Land spielen, und wie man sie schützt“, so Sanda.

Mazi Sanda (rechts) und Dr. Martin Gruber haben in Kamerun Menschen, die imkern, den Honig wildlebender Bienen sammeln oder mit Honig handeln, über Jahre hinweg begleitet und befragt. Daraus sind ein Buch und ein Dokumentarfilm entstanden.
© Martin Gruber

Bienenhaltung mit unterschiedlichen Interessen

Sein Bremer Kollege Martin Gruber beschäftigt sich in seinen Bienenforschungen nicht nur mit Kamerun. „Ich interessiere mich für die vielfältigen Beziehungen zwischen Menschen und Bienen in Kamerun, Deutschland und Japan“, sagt er. In allen drei Ländern bestehe seit mehreren Jahren ein zunehmendes Interesse an Bienenhaltung. „Dabei fällt auf, dass die Imkerei in Kamerun in erster Linie als wichtige Einkommensquelle angesehen wird. In Deutschland und Japan betreiben viele Neu-Imkerinnen und -Imker ihre Bienenhaltung eher als Teil eines alternativen Lebensstils oder wollen der Natur nahe sein“, so der Ethnologe. Dabei gebe es einen Trend hin zu Praktiken der Imkerei, die der traditionellen Imkerei in Kamerun ähnlich seien.

Großes Interesse an Sensortechnik in Bremen

Mit großem Interesse verfolgt sein Kollege Sanda aus Kamerun die Bienenforschungen in Bremen, bei denen man Bienenstöcke mit Hilfe von Sensortechnik überwachen kann. Die Sensoren sind in den Behausungen installiert. Mit ihrer Hilfe können zum Beispiel die Menge des Honigs oder die Temperatur gemessen werden, ohne dass man den Bienenstock jedes Mal öffnen muss. „Mit dieser Technik vermeidet man bei den Tieren unnötigen Stress“, erklärt Thorsten Kluß von der Arbeitsgruppe Kognitive Neuroinformatik an der Universität Bremen. Er ist selbst leidenschaftlicher Imker und arbeitet seit längerer Zeit in einem sogenannten Citizen-Science-Projekt mit Imkerinnen und Imkern in Bremen und überregional zusammen. Das Projekt „Bee Observer“ – Bienenbeobachter – liefert wertvolle Informationen zum Wohlergehen von Bienenvölkern in ihren Stöcken. Diese sind weltweit von Interesse. Kluß stellt den Imkerinnen und Imkern Sensortechnik zur Verfügung, mit der sie ihre Bienenstöcke überwachen können. Im Gegenzug liefern die Stöcke Daten, mit denen Kluß dem Bienensterben auf die Spur kommen will.

Die Bremer Forschenden Thorsten Kluß und Diren Senger bei den Bienenstöcken an der Universität Bremen. Diese werden mit Hilfe von Sensortechnik überwacht.
© Cedric Kränzle

Corona verhindert Forschungsreise nach Kamerun

Auch für die Bienenforschung in Kamerun interessiert der Informatiker sich. Eigentlich wollten Kluß und seine Bremer Kollegin Diren Senger in diesem Jahr in die Region Adamaoua reisen, um sich vor Ort mit Sanda und den kamerunischen Forschenden und Studierenden der University of Ngaoundéré auszutauschen. Doch wegen der Corona-Krise sind die Pläne erstmal verschoben. „Auch wenn durch digitale Kommunikation viel möglich ist, bedauern wir, dass diese Reise nicht stattfinden kann“, sagt Kluß. „Ich habe mich besonders auf die gemeinsame Arbeit an den Bienenstöcken vor Ort gefreut. Der direkte Austausch mit Imkerinnen und Imkern ist immer eine Bereicherung.“

Weitere Informationen

Wen das Buch „Honey Hunting and Beekeeping in Adamaoua (Cameroon)” interessiert: Es ist im Rüdiger Köppe Verlag Köln 2019 erschienen.

Hier könnt Ihr den Dokumentarfilm dazu sehen

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