© Matej Meza / Universität Bremen
100 Jahre DAAD: Wie wichtig der internationale Austausch für die Uni Bremen ist
Mandy Boehnke und Marejke Baethge-Assenkamp erklären, wie der Deutsche Akademische Austauschdienst die Uni prägt
Ob Studierendenaustausch, Forschungskooperationen oder Schulungen zu wissenschaftspolitischen Themen – der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) steckt hinter vielem, was die Uni Bremen international macht. Wie genau, das wissen zwei Personen besonders gut: Dr. Mandy Boehnke ist nicht nur Konrektorin für Internationalität, wissenschaftliche Qualifizierung und Diversität, sondern auch Mitglied im Vorstand des DAAD. Und Dr. Marejke Baethge-Assenkamp leitet das International Office der Universität. Im Interview erklären sie, was der DAAD mit der Bremer Wohnungsnot zu tun hat, wie er auf Trumps Wissenschaftspolitik reagiert und welche besonderen Erfahrungen sie persönlich mit dem DAAD gemacht haben.
Frau Boehnke, Frau Baethge-Assenkamp: Wie sähe die Universität Bremen aus, wenn es den DAAD nicht gäbe?
Marejke Baethge-Assenkamp: Die Universität wäre um einiges ärmer – finanziell, vor allem aber auch in wissenschaftlicher und kultureller Hinsicht. So wirbt das International Office jährlich verschiedene Drittmittel des DAAD ein, zum Beispiel für die Betreuung von internationalen Studierenden. Jährlich vergeben wir den DAAD-Preis an hervorragende und gesellschaftlich engagierte internationale Studierende, auch in diesem Jahr feiern wir das im Rahmen der Christmas Jamboree am 9. Dezember.
Der DAAD ermöglicht uns auch, Partnerschaften mit Hochschulen aus dem Ausland aufzubauen und zu erweitern. Über das Ostpartnerschaftenprogramm des DAAD sind wir mit Hochschulen in Ländern wie Kasachstan oder Armenien verbunden. Außerdem können wir mit Unterstützung des DAAD unsere Studiengänge attraktiv und international gestalten, zum Beispiel durch die Förderung für postgraduierte Studiengänge, von der unser Masterstudiengang Marine Biology profitiert. Was darüber hinaus inzwischen immer wichtiger wird: Der DAAD bietet auch Fortbildungen an, zum Beispiel zum Thema „Sicherheit in Wissenskooperationen“. Da geht es darum, wie die Kooperation mit Hochschulen in Ländern aussehen kann, in denen die akademische Freiheit stark eingeschränkt ist – zum Beispiel in China.
Mandy Boehnke: Wir profitieren sehr davon, dass durch DAAD-Programme internationale Gastdozent:innen bei uns unterrichten. Auch Programme wie „Lehramt International“ sind für die Universität sehr wichtig. Hier werden Lehramtsstudierenden durch verschiedene Lehr- und Praxisformate internationale Erfahrungen ermöglicht. Und natürlich spielt die Vernetzung mit anderen Hochschulen und der Politik eine große Rolle.
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Wie sieht diese Vernetzung konkret aus?
Mandy Boehnke: Der DAAD ist ein Verein, der von über 240 Mitgliedshochschulen in Deutschland getragen wird. Die Hochschulen tauschen sich regelmäßig zu wissenschaftlichen und hochschulpolitischen Themen aus, und die DAAD-Geschäftsleitung trägt ihre Anliegen an die Politik heran.
Das klingt noch etwas abstrakt – können Sie ein Beispiel nennen?
Marejke Baethge-Assenkamp: Viele internationale Studierende und Wissenschaftler:innen haben große Mühe, ein Visum zu bekommen, das Prozedere ist oft umständlich und dauert sehr lang. Und wenn das dann einmal geklappt hat, verzweifeln sie oft am Bremer Wohnungsmarkt. Viele suchen monatelang, bis sie hier ein Zimmer finden, ähnlich wie an den meisten Studienstandorten in Deutschland. Hierzu tauschen wir uns mit den anderen Hochschulen deutschlandweit und im Land Bremen aus und nutzen unsere Stimme im DAAD.
Mandy Boehnke: Konkret sieht das so aus, dass der DAAD Probleme in den Visaverfahren einzelner Länder identifiziert und diese dann beispielsweise in regelmäßigen Vorstandssitzungen gegenüber dem Auswärtigen Amt zur Sprache bringt. Zum Thema Wohnen hat der DAAD mit dem Deutschen Studierendenwerk im vergangenen Jahr eine Ausstellung ausgerichtet, die Bund, Länder und Hochschulstädte dazu aufforderte, die Studierendenwerke bei der Sicherung bezahlbaren Wohnraums für Studierende stärker zu unterstützen. Denn bezahlbarer Wohnraum ist zentral, um national wie international als Studienstandort attraktiv zu sein.
© Matej Meza / Universität Bremen
Welche Themen sind im Austausch zwischen dem DAAD und der Politik besonders wichtig?
Mandy Boehnke: Da geht es zum einen um finanzielle Fragen, der DAAD finanziert sich zu großen Teilen aus Mitteln des Auswärtigen Amtes, des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR), des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und der EU. Im Vorstand setzen wir uns dafür ein, dass die Politik die Mittel aufstockt, um die Internationalisierung der Hochschulen aufrechtzuerhalten. Außerdem prägen natürlich internationale politische Entwicklungen die Arbeit des DAAD, zum Beispiel die massiven Einschränkungen der Wissenschaftsfreiheit in den USA.
Die deutschen Hochschulen könnten ja auch davon profitieren, dass Forschende und Studierende aus den USA sich nach Alternativen umsehen…
Mandy Boehnke: Der DAAD hat in der Tat viele Programme für Studierende, Lehrende und Forschende, die nach Deutschland kommen wollen – auch aus den USA. Er setzt stark auf Zusammenarbeit und Unterstützung des wissenschaftlichen Austauschs mit den USA. Ziel ist, internationale Talente in einer frühen Karrierephase zu gewinnen – ohne gezieltes Abwerben von US-Forschenden.
Marejke Baethge-Assenkamp: Das ist ein wichtiges Prinzip des DAAD. Es gibt an der Universität Bremen in den Bachelorprogrammen niemanden, der oder die über ein Vollstipendium des DAAD das ganze Studium hier verbringt – schlicht und ergreifend, weil so ein Stipendium nicht existiert. Der DAAD lädt internationale Studierende und Forschende nach Deutschland ein, aber verfolgt nicht das übergeordnete Ziel, sie in einer frühen Lebensphase abzuwerben. Es geht immer vor allem darum, sich zu vernetzen und ein gegenseitiges Verständnis für andere Sichtweisen und Kulturen zu entwickeln.
Konnten Sie als Studierende oder junge Forschende auch von den Angeboten des DAAD profitieren?
Mandy Boehnke: Bei mir war es vor allem die Förderung an der Teilnahme internationaler Konferenzen, zum Beispiel in Südafrika und Frankreich, von denen ich als Doktorandin und Postdoc stark profitiert habe. Diese Konferenzteilnahmen waren nicht nur aufregend, sondern auch extrem bereichernd: Ich konnte meine Forschungsergebnisse einem internationalen Publikum vorstellen und Kontakte aufbauen, von denen ich heute noch profitiere.
Marejke Baethge-Assenkamp: Ich habe schon als Studentin meine ersten Erfahrungen mit dem DAAD gemacht. Damals habe ich mich in der lokalen Erasmus-Initiative meiner Uni engagiert und war im Rahmen eines Praktikums mehrere Monate an einer DAAD-Außenstelle. Ich habe mit DAAD-Stipendien und über DAAD-Themen meine Magisterarbeit und Promotion geschrieben und darüber in Kenia lebenslange Freundschaften aufgebaut. Aus meiner Arbeit im International Office weiß ich, dass es nicht nur mir so geht: Durch DAAD-Programme entsteht nicht nur wissenschaftlicher Austausch, sondern auch unzählige Freundschaften, Partnerschaften und manchmal sogar Familien. Auch das gehört zur hundertjährigen Geschichte des DAAD.